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Zum Ende des vorigen Jahrhunderts (sic) wurde weltweit eine zunehmende Marginalisierung der Theaterkunst beklagt. In China, wo seit geraumer Zeit auch kultureller Wandel schneller und radikaler vor sich geht als anderswo, stürzte der Theaterboom der achtziger Jahre im freien Fall in die existentielle Krise der neunziger Jahre, der nur die beiden Metropolen, Peking und Shanghai, nicht vollends zum Opfer fielen. Dem Bühnenschauspiel als Illusionskunst ist im Verlauf des 20. Jahrhunderts durch die Effekt- und Reizflut techno-logischer Bilderproduktion finale Konkurrenz erwachsen. Als Überzeugungs- und Orientierungskunst behält es jedoch seinen Sonderstatus des Situativ-Performativen im Formenkanon literarischer Texte. Welttheater im eigentlichen Wortsinn formiert sich dort, wo fremde Einsätze in nationalen Bühnentraditionen produktiv zir-kulieren. Transnationale Bühnenerfolge derart hybridisierter Stücke bestätigen geglückte Experimente auch (oder gerade) im Fall von anders ausgelegten Übernahmen, wie das von B. Brecht nach Kontakten mit dem Pekingopern-Darsteller Mei Lanfang entwickelte Konzept des Verfremdungseffekts für sein episches Theater. Umgekehrt konnte selbst das radikale chinesische Experiment einer Absage an alles Eigene zugunsten eines nach westlichem Vorbild neu konstruierten Sprechtheaters im frühen 20. Jahrhundert Überliefertes nicht voll-ends eliminieren, auch fanden die meisten dieser zunächst abstrakt und artifiziell, später konformistisch wir-kenden Stücke wenig Anerkennung. Post-maoistische Bühnenproduktionen, vor allem diejenigen Gao Xing-jians, bewirkten aber in kürzester Zeit eine doppelte Öffnung des politisch kontrollierten Sprechtheaters, hin zu westlichen Avantgarde-Strömungen sowie zu traditionellen Darstellungskonventionen.
Der seit 1987 im französischen Exil lebende chinesische Dramatiker
Gao Xingjian (geb. 1940 in Ganzhou, Jiangxi) nutzt die Verschiedenheit
von Theatertraditionen, um in Szenarien wechselseitiger kultureller Provo-kation
basale Symbolisierungs- und Sinnkonventionen u.a. auch als Instrumente
der Manipulierbarkeit von Individuen zu entblössen. Während der
achtziger Jahre wandte er experimentelle Strategien des westlichen absurden
Theaters (Ionesco, Beckett) kritisch auf chinesische gesellschaftliche
Phänomene an, und trat damit eine erbitterte politische Kampagne gegen
ästhetischen Modernismus los. Seine später in Frankreich entstan-denen,
durch einen chan-buddhistischen Filter getriebenen Szenarien moderner Selbstauslöschungsrituale
sind womöglich bereits nicht nur an die europäischen Auftraggeber,
sondern vielmehr an ein mittels Unterhaltungs-industrie bereits global
vernetztes und gleichgetaktetes Publikum gerichtet. Vieles deutet darauf
hin, daß Überlebens-chancen und Provokationspotential eines
zukünftigen Welttheaters in der – gemessen an den Adres-satenzahlen,
nicht an der geographischen Reichweite! – Marginalität experimenteller
Theaterkunst wie der Gao Xingjians liegen. Hinzu käme die Möglichkeit
eines undogmatischen Aushandelns differenter kultureller Orientierungen
mithilfe simulativ ausgeloteter Überzeugungsspielräume zwischen
den Kulturen. Eine nicht unbedeutende wirklichkeitsformierende Rolle fiele
der experimentellen Bühnenkunst mit anderen Worten auf-grund ihres
Vermögens zum spielerischen enactment interkultureller Differenz im
Horizont einer Permanenz zwar fortschreitend pluralistisch vorgestellter,
aber doch distinkter kultureller Identitäten zu.