Exhibition

Picturing Power:
Art and Propaganda in the Great Proletarian Cultural Revolution

31.1.-28.2.2001 Universitätsmuseum Heidelberg

Die Macht des roten Buches

Man Zedong und Hua Guofeng

Die Kulturrevolution und ihr ultimativer Held: Mao Zedong

Mao Zedong war nicht nur der Initiator sondern auch der unbestrittene Held der Kulturrevolution. Während neben ihm viele andere fielen, aufstiegen und wieder fielen (am prominentesten unter ihnen Lin Biao und Deng Xiaoping), blieb Mao Zedong unangetasteter Mittelpunkt des politischen Geschehens. Der Kult um Mao Zedong geht bis auf die Zeit im Sowjet Yan’an (1937-45) zurück, als auch die Hymne “Der Osten ist rot” entstand, die Mao als den “Retter des chinesischen Volkes” ausweist.

Bereits seit Anfang der 60er Jahre, aber vor allem während der Dekade der Kulturrevolution, waren Porträts von Mao allgegenwärtig. Mao wird in seinen verschiedenen Lebensabschnitten und Wirkungsstätten gezeigt: Als dynamischer junger Revolutionär im Sowjet Jinggangshan, als der angebetete reife Führer des chinesischen Volkes am Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen) in Beijing, als Freund der Arbeiter, der Bauern und der Soldaten. Solche Bilder hatten den Status von religiösen Ikonen, und Künstler mußten sehr vorsichtig sein, nicht versehentlich ihre Gottheit zu beleidigen. Für Maos Portrait durften nur warme Farbtöne verwendet werden, sein Gesicht mußte weich und schön sein, er sollte auf die Menschen um ihn herum buchstäblich Licht ausstrahlen, denn Mao war die Sonne, die roteste der roten Sonnen im Herzen des Volkes. Die Produktion derartiger Propagandaposter brach mit Maos Tod im September 1976 nicht ab. Weiterhin wurden sie hergestellt, ohne grundlegende Änderungen in Thematik oder Stil (wenn auch das unter Mao dominante Rot immer mehr ins Rosa tendierte). Häufig trat nun allerdings das Bild Hua Guofengs, des neuen Vorsitzenden der Partei (1976-81) neben oder an die Stelle dessen von Mao Zedong.

Die Verehrung Mao Zedongs bezog sich nicht nur auf seine Person sondern auch auf seine Schriften, die Mao-Zedong-Gedanken (ironischerweise geht diese Bezeichnung zurück auf eine Idee von 1943, die Liu Shaoqi —eines der ersten Opfer der Kulturrevolution— gehabt haben soll!). 1963 bereits stellte Lin Biao das “kleine rote Buch” mit Zitaten aus Maos wichtigsten Schriften zusammen. Dieses rote Buch —in den Anfangsjahren der Kulturrevolution verschenkte die Regierung davon 300 Millionen Stück— galt während der Kulturrevolution als Allheilmittel: Es findet sich auf unzähligen Propagandapostern, spielt eine entscheidende Rolle in der Literatur dieser Zeit, es wurde vertont und in viele Sprachen übersetzt: Ohne Essen und Trinken konnte man auskommen, so hieß es, nicht aber ohne die Lektüre der Mao-Zedong-Gedanken. Sie waren der “Kompass für die Revolution,” das “Lexikon eines jeden Revolutionärs,” eine “geistige Atombombe.” Sie waren das Licht im Dunkel des chinesischen Alltags, so wie Mao selbst die rote Sonne im Herzen eines jeden Chinesen war. Bewaffnet mit den Mao-Zedong Gedanken, besiegte die chinesische Armee jeden Feind; im Vertrauen auf die Mao-Zedong-Gedanken brachten die Bauern selbst aus kargem Land noch reiche Ernten hervor. Geleitet von den Mao-Zedong-Gedanken waren untrainierte Barfußdoktoren in der Lage, Wunder zu vollbringen, ja sogar abgehackte Finger wieder anwachsen zu lassen. Die ausgestellten Poster zeugen vom Geist dieser Überzeugung.

Yiman Liu
Last modified: Mon Jun 4 13:37:25 CEST 2001