Exhibition

Picturing Power:
Art and Propaganda in the Great Proletarian Cultural Revolution

31.1.-28.2.2001 Universitätsmuseum Heidelberg

Die chinesische Geschichte als Waffe der Politik

Kunst von den Massen für die Massen

Die Kultur in der Kulturrevolution

Das kulturelle Leben in der Kulturrevolution war bestimmt von der herrschenden Hand einer Frau, Jiang Qing, der Ehefrau des “Großen Vorsitzenden” Mao Zedong. Unterstützt von Verteidigungsminister Lin Biao hatte sie bereits Mitte der 1960er Jahre angefangen, sogenannte “revolutionäre Beijing-Opern,” die durchweg Themen des revolutionären Kampfes der kommunistischen Partei Chinas behandelten, zu propagieren und damit die herkömmlichen Opern, die Stoffe aus der chinesischen Geschichte verarbeiteten und entsprechend viele “Kaiser, Geister und Edeldamen” auf die Bühnen brachten, zu verdrängen.

“Jede Kunstform,” so hatte Mao einst 1942 in seinen “Yan’aner Reden über Literatur und Kunst” argumentiert, “ist einer bestimmten Klasse zugehörig.” In den Jahren der Kulturrevolution sollte entsprechend mit der Vormachtstellung der “feudalen,” “reaktionären” “elitären,” “aristokratischen” und “bourgeoisen” Kunstformen gebrochen werden. Es sollte darum gehen, eine neue Kunst, “von den Massen für die Massen” zu schaffen. Entsprechend waren nur noch ganz bestimmte und korrekte Farben, Formen und Klänge im Pantheon der kulturrevolutionären Kunst zugelassen: Das Spiel der chinesischen Literatenzither Guqin und die von reichen Dilettanten praktizierte chinesische Tusch- und Landschaftsmalerei (Guohua) waren ob ihres “aristokratischen” Hintergrundes verpönt; traditionelle Dichtung, Opern und Romane redeten zu viel von Kaisern und Edeldamen, zu wenig von Arbeitern, Bauern und Soldaten. Beethoven, Schubert und Brahms waren ihrer “bourgeoisen” Herkunft und Lebensweise wegen verschrieen, Tschaikowskij und Rachmaninoff wurden als Vertreter des “revisionistischen” Sowjetreiches angesehen und durften deswegen nicht gespielt werden; die konfuzianischen Klassiker predigten die Ansichten eines “reaktionären Vertreters der Sklavenhaltergesellschaft” und sollten darum nicht mehr gelesen werden; diese Liste ließe sich noch eine Weile fortsetzen.

An die Stelle dieser falschen, gefährlichen Kunst und Kultur sollten die Werke der arbeitenden Massen treten. Entsprechend wurde die Bauernmalerei und die Papierschneidekunst gefördert; Gedichte, Geschichten, Lieder und Bilder von Amateuren aus Dörfern und Fabriken wurden gepriesen und bourgeoise Kunstformen, wie das Ballett oder das Klavierkonzert wurden mit neuen revolutionären Inhalten gefüllt, um somit die Bourgeoise mit ihren eigenen Mitteln umso härter zu treffen und zu schlagen, denn, so Mao in den Yan’aner Reden (ein Zitat, das seinen Weg auch in das kleine rote Buch fand, Nr. 32): “Die revolutionäre Kultur ist für die breiten Volksmassen eine machtvolle Waffe der Revolution.”

Vor allem in zwei Phasen der Kulturrevolution wurde dieser Grundsatz mit besonderer Heftigkeit verfolgt: In der Anfangsphase unter den Roten Garden (v.a. 1967), die im Kampf gegen die “Si Jiu”—die “Vier Alten” (Gebräuche, Gewohnheiten, Kultur und Denken) unzählige Kulturdenkmäler und Kunstwerke zerstörten und in der Schlußphase der Kulturrevolution, während der Kampagne gegen Lin Biao und Konfuzius, die 1974 begann und zum “endgültigen Sieg des Marxismus über den Revisionismus und des Proletariats über die Bourgeoisie” führen sollte.

Yiman Liu
Last modified: Mon Jun 4 13:34:47 CEST 2001